Dienstag, 10. April 2012

Habt doch keine Angst vor uns


Szenenwechsel ist ein Treffpunkt nur für Frauen und Mädchen. Hier können die Mädchen chillen, Hausaufgaben machen, ihre Freizeit gestalten und Rat bekommen. Jungs dürfen auch rein, aber nur, wenn es gerade ein geschlechterübergreifendes Projekt gibt. Fast alle Besucherinnen haben einen türkischen oder arabischen Migrationshintergrund. Obwohl wir uns erst einen Tag vorher angemeldet hatten, empfingen uns die Mitarbeiterinnen und die jungen Frauen sehr herzlich. Eine Gruppe Mädchen kam gerade von einer Klassenfahrt aus dem Harz zurück. Acht Stunden wandern im Wald, Übernachtung in der Hütte, Lagerfeuer und gemeinsames Liedersingen. Die Mädchen waren begeistert und erschöpft zugleich. Als wir sie nach Erlebnissen fragten („wie fühlt ihr euch in Neukölln“), wussten sie zunächst gar nicht, was wir meinten. „Wieso, ganz normal“, antworteten sie, „wir sind Berlinerinnen“.
Erst auf weitere Nachfragen fielen ihnen ein paar Erlebnisse ein. Zum Beispiel, wie sie im Harz angeguckt wurden, als sie mit einem örtlichen Bus fuhren. „Da waren deutsche Schüler drin und die haben uns ganz komisch angeguckt. Da haben wir gesagt: Ihr braucht doch keine Angst vor uns zu haben.“

Wir haben alle rotes Blut


Der Verein „Daug e.V.“ (deutsch-arabische unabhängige Gemeinde) bietet Hilfen, Beratung und Integrationskurse für Familien, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Jeden Freitag treffen sich dort vorwiegend arabische Frauen zum Frühstücken. Zu diesem Frühstück wurden wir eingeladen, um unsere Fragen zu stellen.
Die Frauen waren sehr offen. Schnell zeigte sich der große Wunsch, in der deutschen Gesellschaft mehr respektiert zu werden. Viele Frauen schilderten ihre Enttäuschung darüber, dass sie in der Öffentlichkeit mit Vorurteilen abgewertet werden, besonders wenn sie ein Kopftuch tragen („sie lässt sich unterdrücken, ist ungebildet“ etc.). „Dabei“, so fasst es eine junge Frau zusammen, „sind wir doch auch Menschen. Wir haben alle das gleiche Blut“.   
Viele erzählen von dem Wunsch nach mehr Kontakten mit deutschen Frauen. Als wir daraufhin von dem Wunsch der interviewten Mieterin bei „Morus 14 e.V.“ nach mehr Kommunikation auf dem Spielplatz erzählten, sagten viele der Frauen ganz spontan, dies würden sie auch gut finden.  
Es gab aber auch Berichte von gelungener Integration: eine deutsche Nachhilfelehrerin, die inzwischen schon fast zur Familie gehört sowie Nachbarschaftshilfen zwischen den Kulturen: „In unserem Haus wohnen fast nur Deutsche, aber wenn jemand was braucht, klingelt er zuerst bei uns“, erzählte eine arabische Frau.

Nachdenklichkeit im Haus des älteren Bürgers


Nach dem Boulettenbraten im „Morus 14 e.V.“ wurden wir zu einem Interview ins „Haus des älteren Bürgers“ eingeladen. Dort treffen sich ältere NeuköllnerInnen, um gemeinsam ihre Freizeit zu gestalten. Die bei dem Interview anwesenden Damen hatten viel zu dem Thema Zusammenleben der Kulturen zu erzählen. Alle haben als junge Frauen erlebt, wie die ersten GastarbeiterInnen nach Deutschland kamen und können von vielen Missverständnissen und Vorurteilen berichten, die gerade den vom Islam geprägten Menschen entgegengebracht wurden. Viele haben als junge Frauen diese Vorurteile wenig hinterfragt, und besonders eine Frau sprach sehr offen darüber, wie sehr sie dies heute bedauere und dass sie jetzt in der Schülerhilfe arbeite, auch weil sie spürt, dass sie „etwas wiedergutmachen“ will.
Ein wichtiger Punkt wurde in dem Gespräch vor allem deutlich: dass die verschiedenen Kulturen auch verschiedene Generationen haben. Während den älteren MigrantInnen und ihrer in Deutschland geleisteten Arbeit großer Respekt gezollt wurde, würden sie sich von deren Kindern doch eine größere Bereitschaft zur Integration wünschen.

Freitag, 6. April 2012

Bouletten für Toleranz


Am 7. März besuchten wir „Morus 14 e.V.“ Der Verein ist ein Ort der Begegnung und des Austauschs, zahlreiche Ehrenamtliche bieten Schülerhilfe an und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Integration.
Nachdem wir für 60 Mieterinnen und Mieter Bouletten gebraten haben, fanden sich einige zum Interview bereit. Viele der Interviewten geben Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund Nachhilfe und sind dadurch mit den Integrationsproblemen vieler Jugendlicher vertraut. Sie sprachen vor allem davon, wie schwierig es sei, keine Parallelgesellschaft entstehen zu lassen und wünschten sich mehr Kommunikation. Eine Mieterin erzählte, wenn sie mit ihrem Enkelkind auf dem Spielplatz sei, bekäme sie keinen Kontakt zu den Müttern mit „Migrationshintergrund“, obwohl sie dies wünschen würde.
Beeindruckt waren wir vor allem von einem älteren Paar, das nach der Pensionierung nach Neukölln gezogen war, um dort bei der Integration der Kinder und Jugendlichen mitzuhelfen. 

Interview bei den Helden


Am 5. März waren wir bei dem Projekt Heroes. Wir waren sehr gespannt darauf, dieses tolle Team und seine Leitung persönlich kennenzulernen. Die Heroes setzen sich 
gegen die Unterdrückung im Namen der Ehre und für das Recht der Mädchen/Frauen auf Menschenrechte und Gleichberechtigung ein. Sie leisten mit künstlerischen Mitteln Aufklärungsarbeit vor allem in Schulen und wurden schon mit vielen Preisen geehrt. In unserem Gespräch ging es nun um Erlebnisse, welche die jungen Männer selbst auf den Straßen Berlins gemacht haben. In vielen Geschichten wurde deutlich, wie stark die Vorurteile vor allem gegen junge „ausländisch aussehende“ Männer sind und wie schnell Situationen eskalieren können.


Die Interviews

Bevor wir die Szenen erarbeiten und uns mit ihnen in die Öffentlichkeit begeben, wollten wir erst einmal wissen, was die Neuköllner zu diesem Thema sagen.
Mit Schreibblock und Aufnahmegerät zogen wir durch Neuköllner Einrichtungen und fragten die Menschen nach ihren Ideen, Wünschen und Anregungen für ein konstruktives und respektvolles Miteinander der Kulturen in Neukölln sowie nach konkreten Erlebnissen, die sie mit Menschen aus der jeweils anderen Kultur hatten.

Ziel

Mit unserem Projekt  wollen wir Vorurteile abbauen, einen neuen Blick auf die jeweils andere Kultur ermöglichen und Kommunikation anregen. 
In den Szenen geht es um das Zusammenleben der Kulturen in Neukölln: Wie wollen wir leben? Was wünschen wir uns? Wie sähe ein Miteinander mit Respekt und ohne Vorurteile aus? 

Unsichtbares Theater


Das Projekt basiert auf dem „Unsichtbaren Theater“ des brasilianischen Theatermachers Augusto Boal (1931-2009). Boal ging es um die Veränderung der Realität durch Theater, um die künstlerische Sichtbarmachung sozialer Probleme und einer Demokratisierung der Politik durch Theater.
Beim „Unsichtbaren Theater“ werden von Schauspielern Szenen in der Öffentlichkeit gespielt, ohne dass das Publikum weiß, dass es „nur“ Theater ist. Ziel ist es, das Publikum durch die dargestellten unsichtbaren Szenen zum Mit- oder Umdenken zu motivieren, wobei auch aktiv in die Szenen eingegriffen werden kann. Die Zuschauer werden zu passiven oder aktiven Akteuren ohne dass sie es merken.

Das Projekt

Auf dieser Seite berichten wir Ihnen und Euch von unserem Projekt: „Respekt in Sicht - Unsichtbares Theater für Toleranz“. 
Was wir machen? Wir bringen das Theater dorthin, wo die Menschen sind, in den öffentlichen Raum!

Vielen Dank auch an unseren Träger!!!