Die Beteiligung der Mitfahrenden war an diesem Tag wieder in allen
Szenen sehr groß. Eine rege Diskussion löste die Szene „Jens lernt Türkisch“ aus.
Ein Lehrer (ein Deutscher) erzählte, dass in den 80ger Jahren die Integration gut
angelaufen sei, aber „jetzt ist es gekippt“. Er fand, dass es eine gute Idee sei, in den Schulen auch Türkisch zu unterrichten. In der anschließenden Diskussion darüber,
wie wichtig es aber auch für die Migranten sei, Deutsch zu lernen, mischte sich
eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund und kritisierte die Vorgabe,
dass nur die Menschen in der Türkei schon vor der Einreise Deutschkurse machen müssten,
während es für die Einreise aus anderen Ländern keine Voraussetzung sei. Daraufhin
erzählten zwei Frauen (ohne Migrationshintergrund), dass an den Schulen ihrer Kinder
viele verschiedenen Nationalitäten vertreten gewesen seien, dass die Schüler mit
türkischem und arabischem Migrationshintergrund jedoch mehr Probleme beim Erwerb
der deutschen Sprache gehabt hätten als die anderen Kinder mit Migrationshintergrund.
In der Szene mit der Mathematikstudentin, die von
den Vorurteilen erzählt, denen sie aufgrund ihres Kopftuches an der Uni begegnet,
gab es besonders viel Beteiligung. Ein junges Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund
erzählte, sie habe viele Freundinnen, die ein Kopftuch tragen würden, ohne sich dadurch
ausgegrenzt zu fühlen. „Die sind ganz normal, die gehen mit deutschen Freundinnen
aus und treffen sich mit Jungs, ganz normal“. Sehr betroffen reagierte jedoch eine
andere Frau mit türkischem Migrationshintergrund, die aus Überzeugung kein Kopftuch
trägt: „Ich bin eine gläubige Muslima, aber ich trage keine Kopftuch, weil es nicht
im Koran steht. Ich bete fünf Mal am Tag, ich kenne den Koran besser als die meisten
Leute, aber ich muss mich ständig verteidigen, auch in meiner Familie.
Sie werfen mir vor, ich sei keine richtige Gläubige, das ist sehr hart für mich,
sehr bitter. Aber ich bin stark und ich kämpfe weiter für meine Überzeugung.“
Die anschließende Szene mit der deutschen Lehrerin
(„Sherin trifft ihre Lehrerin“) führte zu Diskussionen über die veränderte Situation
von Lehrern an deutschen Schulen durch den höheren Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund.
„Sie müssen sich interkulturell bilden“, sagte eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund zur Lehrerin. Eine ältere Deutsche sagte, sie sei früher
auch Lehrerin gewesen und es sei einfach nicht möglich, bei der hohen Schülerzahl
allen gerecht zu werden. „Wir brauchen kleinere Klassen und SchulsozialarbeiterInnen,
die auch Türkisch oder Arabisch sprechen. Und mehr Aufklärung für die Eltern mit
Migrationshintergrund, aber auch für die Lehrer darüber, was üblich ist in anderen
Kulturen“.
Ein älterer deutscher Mann, ehemaliger Busfahrer,
war der Meinung, ein bisschen mehr Strenge habe noch niemandem geschadet und fügte
dann beim Aussteigen hinzu: „Na dann diskutiert mal schön weiter.“
Zum Abschluss spielten wir noch einmal die „Schnittchen“-Szene,
bei der sich der halbe U-Bahn-Wagen über Jens amüsierte, als er seine machohaften
Thesen über Hausarbeit und Geschlechterrollen verkündete. Eine ältere Frau nahm
ihre Brille ab und sagte“: Ich lache Tränen, das ist ja wunderbar, so was in der
U-Bahn zu erleben“.