Mittwoch, 20. Juni 2012

Fotos






































 Jens auf dem Weg nach Hause ...






Cordula aus Bad Lippspringe bekommt Insidertipps von Ali ...




Szenen - Fotos
"Jens lernt Türkisch"











Ali, Sherin, Jens und Cordula haben gleich Feierabend ...








































Der Kreis schließt sich: wieder sichtbar!!!



Sonntag, 17. Juni 2012

Abschlusspräsentation und Ausblick


Für unsere Abschlusspräsentation bauten wir im Familienzentrum "Kleiner Fratz" eine U-Bahn nach und baten das Publikum, darin Platz zu nehmen. Nachdem wir einen kurzen Überblick über die Entstehung und Zielsetzung unseres Projekts gegeben hatten, spielten wir unsere Szenen. Das Publikum sollte hierbei die Rolle der ahnungslosen Fahrgäste in der U-Bahn übernehmen.
Nach den Szenen gaben wir einen kurzen Überblick über die Erfahrungen und Reaktionen, die wir in der realen U-Bahn mit den Szenen erlebt hatten und das Publikum konnte Fragen stellen.
Die Gäste diskutierten sowohl in der nachgebauten U-Bahn als auch zwischen den Szenen mit. Wir bekamen ein gutes Feedback und es machte uns Schauspielern Spaß, die Szenen einmal ohne den U-Bahn-Lärm zu spielen. 
Zum Abschluss diskutierten wir die Frage, welche Möglichkeiten der Fortsetzung es für das Projekt geben könne. Eine gute Idee wäre es zum Beispiel, Unsichtbares Theater mit Jugendlichen (mit und ohne Migrationshintergrund) zu machen. Für die Jugendlichen wäre das (unsichtbare) Theaterspielen im öffentlichen Raum eine sehr gute Übung zur Stärkung des Selbstbewusstseins. Die Jugendlichen setzen sich mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinander wie Toleranz und Respekt, die ihre Lebenswelt direkt betreffen. Sie hinterfragen Rollenklischees, probieren sich in anderen Rollenbildern aus und setzen sie in Theaterszenen um. Dabei erarbeiten sie neue Sicht- und Umgangsweisen und erproben sie „im Echtfall“. Auch schauspielerisch ist es eine große Herausforderung für die Jugendlichen, Szenen so gut zu spielen, dass sie nicht als Theater erkannt werden.  
Dies ist jedoch nur eine Möglichkeit, dieses sehr erfolgreiche Projekt fortzusetzen.




Zehnter Einsatz


Die Beteiligung der Mitfahrenden war an diesem Tag wieder in allen Szenen sehr groß. Eine rege Diskussion löste die Szene „Jens lernt Türkisch“ aus. Ein Lehrer (ein Deutscher) erzählte, dass in den 80ger Jahren die Integration gut angelaufen sei, aber „jetzt ist es gekippt“. Er fand, dass es eine gute Idee sei, in den Schulen auch Türkisch zu unterrichten. In der anschließenden Diskussion darüber, wie wichtig es aber auch für die Migranten sei, Deutsch zu lernen, mischte sich eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund und kritisierte die Vorgabe, dass nur die Menschen in der Türkei schon vor der Einreise Deutschkurse machen müssten, während es für die Einreise aus anderen Ländern keine Voraussetzung sei. Daraufhin erzählten zwei Frauen (ohne Migrationshintergrund), dass an den Schulen ihrer Kinder viele verschiedenen Nationalitäten vertreten gewesen seien, dass die Schüler mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund jedoch mehr Probleme beim Erwerb der deutschen Sprache gehabt hätten als die anderen Kinder mit Migrationshintergrund. 
In der Szene mit der Mathematikstudentin, die von den Vorurteilen erzählt, denen sie aufgrund ihres Kopftuches an der Uni begegnet, gab es besonders viel Beteiligung. Ein junges Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund erzählte, sie habe viele Freundinnen, die ein Kopftuch tragen würden, ohne sich dadurch ausgegrenzt zu fühlen. „Die sind ganz normal, die gehen mit deutschen Freundinnen aus und treffen sich mit Jungs, ganz normal“. Sehr betroffen reagierte jedoch eine andere Frau mit türkischem Migrationshintergrund, die aus Überzeugung kein Kopftuch trägt: „Ich bin eine gläubige Muslima, aber ich trage keine Kopftuch, weil es nicht im Koran steht. Ich bete fünf Mal am Tag, ich kenne den Koran besser als die meisten Leute, aber ich muss mich ständig verteidigen, auch in meiner Familie. Sie werfen mir vor, ich sei keine richtige Gläubige, das ist sehr hart für mich, sehr bitter. Aber ich bin stark und ich kämpfe weiter für meine Überzeugung.“
Die anschließende Szene mit der deutschen Lehrerin („Sherin trifft ihre Lehrerin“) führte zu Diskussionen über die veränderte Situation von Lehrern an deutschen Schulen durch den höheren Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. „Sie müssen sich interkulturell bilden“, sagte eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund zur Lehrerin.  Eine ältere Deutsche sagte, sie sei früher auch Lehrerin gewesen und es sei einfach nicht möglich, bei der hohen Schülerzahl allen gerecht zu werden. „Wir brauchen kleinere Klassen und SchulsozialarbeiterInnen, die auch Türkisch oder Arabisch sprechen. Und mehr Aufklärung für die Eltern mit Migrationshintergrund, aber auch für die Lehrer darüber, was üblich ist in anderen Kulturen“.
Ein älterer deutscher Mann, ehemaliger Busfahrer, war der Meinung, ein bisschen mehr Strenge habe noch niemandem geschadet und fügte dann beim Aussteigen hinzu: „Na dann diskutiert mal schön weiter.“
Zum Abschluss spielten wir noch einmal die „Schnittchen“-Szene, bei der sich der halbe U-Bahn-Wagen über Jens amüsierte, als er seine machohaften Thesen über Hausarbeit und Geschlechterrollen verkündete. Eine ältere Frau nahm ihre Brille ab und sagte“: Ich lache Tränen, das ist ja wunderbar, so was in der U-Bahn zu erleben“. 

Neunter Einsatz


Um auf die morgige Abschlusspräsentation unseres Projekts aufmerksam zu machen, nützten wir unseren heutigen Einsatz dafür, noch einmal gezielt Werbung zu machen. Wir verteilten zuerst oben auf dem Hermannplatz Flyer und erzählten den Leuten von unserem Projekt und vom LAP. Anschließend gingen wir in die U-Bahn. Wir änderten die Szenen leicht, um sie als Theater erkennbar zu machen und die Neugier des Publikums zu wecken. Zum Beispiel erklärte ein Schauspieler („Jens“) durch ein Megaphon, dass er der Meinung sei, jeder Berliner solle mit gutem Beispiel voran gehen und Türkisch lernen. Dann fragten die anderen Schauspieler die Mitfahrenden, was sie davon hielten. Anschließend deckten wir die Szene auf. Wir erzählten von unserem Projekt, machten Werbung für die Abschlusspräsentation und verteilten Flyer. Ähnlich verfuhren wir mit der „Schnittchen“- Szene. „Hausarbeit ist Frauensache“ verkündetet Jens durch das Megaphon. Dann nahm die Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund das Megaphon und widersprach lautstark. Auch hier deckten wir anschließend die Szene auf und verteilten Flyer.

Der Projekttag des LAP-Neukölln


Heute waren Cordula und Jens im Rathaus Neukölln. 



Die beiden Touristen aus Bad Lippspringe waren noch nie in einer Großstadt. Auf der Suche nach multikulturellen Begegnungen bummelten sie durch Neukölln. Am Rathaus sahen sie die Veranstaltungen "Neukölln für Frauen - Frauen für Neukölln" und den "LAP - Projekttag Markt der Möglichkeiten" und waren gleich begeistert. Denn in Bad Lippspringe ist alles deutsch. Viele ältere Menschen kommen dorthin, um sich zu erholen. Kein Migrant hat diese Ödnis je bereichert. Es ist sehr ruhig da, …
Im Rathaus begegnen Cordula und Jens Ali, einem Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund. 


Auch Ali kommt selten aus Berlin raus und ist glücklich über jede Abwechslung. Er kam zufällig vorbei und war begeistert von der Thematik des Lokalen Aktionsplans. Toleranz und Respekt, das sind Werte, für die es sich zu kämpfen lohnt, da sind die Drei sich einig. Als vorbildliche moderne Kosmopoliten machen sie natürlich gleich ein Erinnerungsfoto. Dann geht die Veranstaltung los ...

Dienstag, 5. Juni 2012

Achter Einsatz


Bei diesem Einsatz spielten wir mehrmals die Szene „Sherin trifft ihre Lehrerin“. Die Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund spielt hier eine Mathestudentin, die ihrer früheren Lehrerin von ihren Erfahrungen als Kopftuchträgerin an der Uni erzählt: „Obwohl ich nur gute Klausuren schreibe, denken die, ich bin dumm oder werde unterdrückt“. Bei dem ersten Durchgang der Szene mischte sich sofort eine deutsche Mitfahrerin ein. Sie war der Meinung, dass jede muslimische Frau ein Kopftuch tragen dürfe, wenn sie es wolle, allerdings könne sie nicht verstehen, warum manche Frauen sich trotzdem schminken würden: „Wenn schon, denn schon“, sagte sie. Daraufhin mischte sich Jens ein, der bei dieser Szene einen Kommilitonen von Sherin spielte: „Aber das ist doch auch nicht so schlimm, jeder sucht sich eben seinen eigenen Weg“. Anschließend entstand eine Diskussion darüber, ob Glauben notwendig sei oder nicht. „Glaube ist Hoffnung“, sagte die Frau. Als Jens und Sherin später ausstiegen, mischte sich noch eine weitere Frau mit Migrationshintergrund ein und sagte zu Jens: „Aber ich finde es gut, dass Sie sie (Sherin) unterstützen.
Sehr interessant war der zweite Durchgang der Szene, da sich hier eine junge türkische Frau mit Kopftuch einmischte, die mit ihrer Mutter und ihrem Kind unterwegs war. Die junge Frau bestätigte Sherins Ausgrenzungserfahrungen: „Die Leute gucken gar nicht mehr, was ist das für ein Mensch, sondern sie denken gleich: Ach, die hat ein Kopftuch, die interessiert mich nicht“. An dieser Stelle mischte sich Jens in die Diskussion mit ein: „Aber als Mann weiß man oft nicht, wie man damit umgehen soll, wenn eine Frau ein Kopftuch trägt. Man weiß dann nicht: Darf man die jetzt ansprechen oder nicht?“. „Versuchen Sie es einfach“, sagte die junge Muslima mit türkischem Migrationshintergrund und lachte. Auch die Umsitzenden (ein älterer und ein jüngerer Mann mit Migrationshintergrund) schmunzelten. Es war uns also gelungen, trotz des heiklen Themas Kopftuch eine freundliche und offene Kommunikation entstehen zu lassen.



Siebter Einsatz

Da wir heute einen Fotografen dabei hatten und das Problem umgehen mussten, keine fremden Fahrgäste in der U-Bahn fotografieren zu dürfen, erfanden wir die Figur der Touristin vom Land (deutsche Schauspielerin). Die Touristin war noch nie U-Bahn gefahren und bat ihren Freund, sie zu fotografieren. Ali, der das mitbekam, mischte sich ein: „Gibt es da, wo sie herkommen, Ausländer?“ Als die Touristin verneinte, bot er sich an, dass sie sich mit ihm und seiner Freundin Sherin zusammen fotografieren lassen könne.
An diese Situation schlossen wir direkt mit der Szene: „Jens lernt Türkisch“ an. Nachdem die Touristin sich einen Platz gesucht hatte, begann Jens mit seinen Türkischübungen. Ali öffnete die Situation mit der Frage: „Sie lernen Türkisch?“. In die anschließende Diskussion über die Frage, warum ein Deutscher Türkisch lernt, mischte sich die Touristin wieder ein: „Können Sie schon ein türkisches Wort?“. Jens erklärte ihr daraufhin das Wort: „Merhaba“ und dass es „Guten Tag“ heiße. Als die Touristin begann, das Wort zu üben, schaltete sich eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund ein: „Merhaba ist nicht das richtige Wort“, sagte sie, richtiger sei es zu sagen: „selam“. Dies bestätigte eine andere junge Frau mit türk. Migrationshintergund und half der Touristin dabei, das Wort zu üben. Auch bei dieser Szene entstand durch die Neugier auf die andere Sprache sofort eine positive und offene Grundstimmung.
Anschließend spielten wir zwei Mal die Szene: „Der besorgte Vater“, bei der Ali seinen Sohn am Telefon inständig bittet, die Schule weiterzumachen. An der anschließenden Diskussion über die Bildungsproblematik beteiligten sich im ersten Durchgang zunächst zwei ältere Deutsche. Der eine (ein Lehrer) berichtete, dass bei der dritten Einwanderergeneration immer häufiger die Kinder ohne Deutschkenntnisse in die Schule kämen. Auf die Nachfrage von Cordula, ob es sein könne, dass die Leistungen von Kindern mit Migrationshintergrund von LehrerInnen schlechter beurteilt würden als vergleichbare Leistungen von deutschen SchülerInnen, mischten sich zwei deutsche Jugendliche ein und erzählten, dass bei ihnen viele ausländische Jugendliche in der Klasse seien und dass sie eher den Eindruck hätten, diese würden bevorzugt. In den zweiten Durchgang der Szene mischte sich ein Deutscher (ein Markthändler) ein, der erzählte, wie schwer es für viele Jugendliche mit Migrationshintergrund sei, in der Schule mitzuhalten, wenn sie zu Hause keine Unterstützung bekommen könnten. Er berichtete von einem Jugendlichen mit arabischem Migrationshintergrund, den er seit einigen Jahren versuchen würde zu unterstützen: „Er hat die Schule geschmissen, aber jetzt habe ich ihn beim OSZ angemeldet, damit er erst mal seinen Hauptschulabschluss macht. Sein Vater ist ganz verzweifelt, aber er kann ihm nicht helfen“.  
Anschließend spielten wir die Szene: „verzweifelte Lehrerin“. Auch diese Szene, bzw. die anschließende Thematisierung des kulturellen Missverständnisses („Kinder sollen Respektspersonen nicht ansehen, wenn sie Mist gebaut haben“) erntete viel Resonanz. Eine deutsche Frau bestätigte dies: „Das ist wie bei Hunden, das ist eine Geste der Unterwerfung“, sagte sie, was aber offensichtlich nicht diskriminierend gemeint war. Es entstand eine Diskussion über die kulturell bedingten unterschiedlichen Auffassungen von Autorität an deutschen Schulen („Sind deutsche Schulen zu lasch?“), in die sich eine Kindergärtnerin einmischte: “Es muss mehr kommuniziert werden“, sagte sie. „Aber dafür müssen die Eltern unbedingt Deutsch lernen“. Sie berichtete anschließend von ihren Versuchen, Partnerschaften zwischen deutschen Eltern und Eltern mit Migrationshintergrund zu stiften. Als wir ausstiegen, sagte die erste Diskussionsteilnehmerin noch, wie toll sie es fände, dass in der U-Bahn solche Begegnungen möglich seien.