Mittwoch, 20. Juni 2012

Fotos






































 Jens auf dem Weg nach Hause ...






Cordula aus Bad Lippspringe bekommt Insidertipps von Ali ...




Szenen - Fotos
"Jens lernt Türkisch"











Ali, Sherin, Jens und Cordula haben gleich Feierabend ...








































Der Kreis schließt sich: wieder sichtbar!!!



Sonntag, 17. Juni 2012

Abschlusspräsentation und Ausblick


Für unsere Abschlusspräsentation bauten wir im Familienzentrum "Kleiner Fratz" eine U-Bahn nach und baten das Publikum, darin Platz zu nehmen. Nachdem wir einen kurzen Überblick über die Entstehung und Zielsetzung unseres Projekts gegeben hatten, spielten wir unsere Szenen. Das Publikum sollte hierbei die Rolle der ahnungslosen Fahrgäste in der U-Bahn übernehmen.
Nach den Szenen gaben wir einen kurzen Überblick über die Erfahrungen und Reaktionen, die wir in der realen U-Bahn mit den Szenen erlebt hatten und das Publikum konnte Fragen stellen.
Die Gäste diskutierten sowohl in der nachgebauten U-Bahn als auch zwischen den Szenen mit. Wir bekamen ein gutes Feedback und es machte uns Schauspielern Spaß, die Szenen einmal ohne den U-Bahn-Lärm zu spielen. 
Zum Abschluss diskutierten wir die Frage, welche Möglichkeiten der Fortsetzung es für das Projekt geben könne. Eine gute Idee wäre es zum Beispiel, Unsichtbares Theater mit Jugendlichen (mit und ohne Migrationshintergrund) zu machen. Für die Jugendlichen wäre das (unsichtbare) Theaterspielen im öffentlichen Raum eine sehr gute Übung zur Stärkung des Selbstbewusstseins. Die Jugendlichen setzen sich mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinander wie Toleranz und Respekt, die ihre Lebenswelt direkt betreffen. Sie hinterfragen Rollenklischees, probieren sich in anderen Rollenbildern aus und setzen sie in Theaterszenen um. Dabei erarbeiten sie neue Sicht- und Umgangsweisen und erproben sie „im Echtfall“. Auch schauspielerisch ist es eine große Herausforderung für die Jugendlichen, Szenen so gut zu spielen, dass sie nicht als Theater erkannt werden.  
Dies ist jedoch nur eine Möglichkeit, dieses sehr erfolgreiche Projekt fortzusetzen.




Zehnter Einsatz


Die Beteiligung der Mitfahrenden war an diesem Tag wieder in allen Szenen sehr groß. Eine rege Diskussion löste die Szene „Jens lernt Türkisch“ aus. Ein Lehrer (ein Deutscher) erzählte, dass in den 80ger Jahren die Integration gut angelaufen sei, aber „jetzt ist es gekippt“. Er fand, dass es eine gute Idee sei, in den Schulen auch Türkisch zu unterrichten. In der anschließenden Diskussion darüber, wie wichtig es aber auch für die Migranten sei, Deutsch zu lernen, mischte sich eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund und kritisierte die Vorgabe, dass nur die Menschen in der Türkei schon vor der Einreise Deutschkurse machen müssten, während es für die Einreise aus anderen Ländern keine Voraussetzung sei. Daraufhin erzählten zwei Frauen (ohne Migrationshintergrund), dass an den Schulen ihrer Kinder viele verschiedenen Nationalitäten vertreten gewesen seien, dass die Schüler mit türkischem und arabischem Migrationshintergrund jedoch mehr Probleme beim Erwerb der deutschen Sprache gehabt hätten als die anderen Kinder mit Migrationshintergrund. 
In der Szene mit der Mathematikstudentin, die von den Vorurteilen erzählt, denen sie aufgrund ihres Kopftuches an der Uni begegnet, gab es besonders viel Beteiligung. Ein junges Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund erzählte, sie habe viele Freundinnen, die ein Kopftuch tragen würden, ohne sich dadurch ausgegrenzt zu fühlen. „Die sind ganz normal, die gehen mit deutschen Freundinnen aus und treffen sich mit Jungs, ganz normal“. Sehr betroffen reagierte jedoch eine andere Frau mit türkischem Migrationshintergrund, die aus Überzeugung kein Kopftuch trägt: „Ich bin eine gläubige Muslima, aber ich trage keine Kopftuch, weil es nicht im Koran steht. Ich bete fünf Mal am Tag, ich kenne den Koran besser als die meisten Leute, aber ich muss mich ständig verteidigen, auch in meiner Familie. Sie werfen mir vor, ich sei keine richtige Gläubige, das ist sehr hart für mich, sehr bitter. Aber ich bin stark und ich kämpfe weiter für meine Überzeugung.“
Die anschließende Szene mit der deutschen Lehrerin („Sherin trifft ihre Lehrerin“) führte zu Diskussionen über die veränderte Situation von Lehrern an deutschen Schulen durch den höheren Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. „Sie müssen sich interkulturell bilden“, sagte eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund zur Lehrerin.  Eine ältere Deutsche sagte, sie sei früher auch Lehrerin gewesen und es sei einfach nicht möglich, bei der hohen Schülerzahl allen gerecht zu werden. „Wir brauchen kleinere Klassen und SchulsozialarbeiterInnen, die auch Türkisch oder Arabisch sprechen. Und mehr Aufklärung für die Eltern mit Migrationshintergrund, aber auch für die Lehrer darüber, was üblich ist in anderen Kulturen“.
Ein älterer deutscher Mann, ehemaliger Busfahrer, war der Meinung, ein bisschen mehr Strenge habe noch niemandem geschadet und fügte dann beim Aussteigen hinzu: „Na dann diskutiert mal schön weiter.“
Zum Abschluss spielten wir noch einmal die „Schnittchen“-Szene, bei der sich der halbe U-Bahn-Wagen über Jens amüsierte, als er seine machohaften Thesen über Hausarbeit und Geschlechterrollen verkündete. Eine ältere Frau nahm ihre Brille ab und sagte“: Ich lache Tränen, das ist ja wunderbar, so was in der U-Bahn zu erleben“. 

Neunter Einsatz


Um auf die morgige Abschlusspräsentation unseres Projekts aufmerksam zu machen, nützten wir unseren heutigen Einsatz dafür, noch einmal gezielt Werbung zu machen. Wir verteilten zuerst oben auf dem Hermannplatz Flyer und erzählten den Leuten von unserem Projekt und vom LAP. Anschließend gingen wir in die U-Bahn. Wir änderten die Szenen leicht, um sie als Theater erkennbar zu machen und die Neugier des Publikums zu wecken. Zum Beispiel erklärte ein Schauspieler („Jens“) durch ein Megaphon, dass er der Meinung sei, jeder Berliner solle mit gutem Beispiel voran gehen und Türkisch lernen. Dann fragten die anderen Schauspieler die Mitfahrenden, was sie davon hielten. Anschließend deckten wir die Szene auf. Wir erzählten von unserem Projekt, machten Werbung für die Abschlusspräsentation und verteilten Flyer. Ähnlich verfuhren wir mit der „Schnittchen“- Szene. „Hausarbeit ist Frauensache“ verkündetet Jens durch das Megaphon. Dann nahm die Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund das Megaphon und widersprach lautstark. Auch hier deckten wir anschließend die Szene auf und verteilten Flyer.

Der Projekttag des LAP-Neukölln


Heute waren Cordula und Jens im Rathaus Neukölln. 



Die beiden Touristen aus Bad Lippspringe waren noch nie in einer Großstadt. Auf der Suche nach multikulturellen Begegnungen bummelten sie durch Neukölln. Am Rathaus sahen sie die Veranstaltungen "Neukölln für Frauen - Frauen für Neukölln" und den "LAP - Projekttag Markt der Möglichkeiten" und waren gleich begeistert. Denn in Bad Lippspringe ist alles deutsch. Viele ältere Menschen kommen dorthin, um sich zu erholen. Kein Migrant hat diese Ödnis je bereichert. Es ist sehr ruhig da, …
Im Rathaus begegnen Cordula und Jens Ali, einem Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund. 


Auch Ali kommt selten aus Berlin raus und ist glücklich über jede Abwechslung. Er kam zufällig vorbei und war begeistert von der Thematik des Lokalen Aktionsplans. Toleranz und Respekt, das sind Werte, für die es sich zu kämpfen lohnt, da sind die Drei sich einig. Als vorbildliche moderne Kosmopoliten machen sie natürlich gleich ein Erinnerungsfoto. Dann geht die Veranstaltung los ...

Dienstag, 5. Juni 2012

Achter Einsatz


Bei diesem Einsatz spielten wir mehrmals die Szene „Sherin trifft ihre Lehrerin“. Die Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund spielt hier eine Mathestudentin, die ihrer früheren Lehrerin von ihren Erfahrungen als Kopftuchträgerin an der Uni erzählt: „Obwohl ich nur gute Klausuren schreibe, denken die, ich bin dumm oder werde unterdrückt“. Bei dem ersten Durchgang der Szene mischte sich sofort eine deutsche Mitfahrerin ein. Sie war der Meinung, dass jede muslimische Frau ein Kopftuch tragen dürfe, wenn sie es wolle, allerdings könne sie nicht verstehen, warum manche Frauen sich trotzdem schminken würden: „Wenn schon, denn schon“, sagte sie. Daraufhin mischte sich Jens ein, der bei dieser Szene einen Kommilitonen von Sherin spielte: „Aber das ist doch auch nicht so schlimm, jeder sucht sich eben seinen eigenen Weg“. Anschließend entstand eine Diskussion darüber, ob Glauben notwendig sei oder nicht. „Glaube ist Hoffnung“, sagte die Frau. Als Jens und Sherin später ausstiegen, mischte sich noch eine weitere Frau mit Migrationshintergrund ein und sagte zu Jens: „Aber ich finde es gut, dass Sie sie (Sherin) unterstützen.
Sehr interessant war der zweite Durchgang der Szene, da sich hier eine junge türkische Frau mit Kopftuch einmischte, die mit ihrer Mutter und ihrem Kind unterwegs war. Die junge Frau bestätigte Sherins Ausgrenzungserfahrungen: „Die Leute gucken gar nicht mehr, was ist das für ein Mensch, sondern sie denken gleich: Ach, die hat ein Kopftuch, die interessiert mich nicht“. An dieser Stelle mischte sich Jens in die Diskussion mit ein: „Aber als Mann weiß man oft nicht, wie man damit umgehen soll, wenn eine Frau ein Kopftuch trägt. Man weiß dann nicht: Darf man die jetzt ansprechen oder nicht?“. „Versuchen Sie es einfach“, sagte die junge Muslima mit türkischem Migrationshintergrund und lachte. Auch die Umsitzenden (ein älterer und ein jüngerer Mann mit Migrationshintergrund) schmunzelten. Es war uns also gelungen, trotz des heiklen Themas Kopftuch eine freundliche und offene Kommunikation entstehen zu lassen.



Siebter Einsatz

Da wir heute einen Fotografen dabei hatten und das Problem umgehen mussten, keine fremden Fahrgäste in der U-Bahn fotografieren zu dürfen, erfanden wir die Figur der Touristin vom Land (deutsche Schauspielerin). Die Touristin war noch nie U-Bahn gefahren und bat ihren Freund, sie zu fotografieren. Ali, der das mitbekam, mischte sich ein: „Gibt es da, wo sie herkommen, Ausländer?“ Als die Touristin verneinte, bot er sich an, dass sie sich mit ihm und seiner Freundin Sherin zusammen fotografieren lassen könne.
An diese Situation schlossen wir direkt mit der Szene: „Jens lernt Türkisch“ an. Nachdem die Touristin sich einen Platz gesucht hatte, begann Jens mit seinen Türkischübungen. Ali öffnete die Situation mit der Frage: „Sie lernen Türkisch?“. In die anschließende Diskussion über die Frage, warum ein Deutscher Türkisch lernt, mischte sich die Touristin wieder ein: „Können Sie schon ein türkisches Wort?“. Jens erklärte ihr daraufhin das Wort: „Merhaba“ und dass es „Guten Tag“ heiße. Als die Touristin begann, das Wort zu üben, schaltete sich eine Mitfahrerin mit türkischem Migrationshintergrund ein: „Merhaba ist nicht das richtige Wort“, sagte sie, richtiger sei es zu sagen: „selam“. Dies bestätigte eine andere junge Frau mit türk. Migrationshintergund und half der Touristin dabei, das Wort zu üben. Auch bei dieser Szene entstand durch die Neugier auf die andere Sprache sofort eine positive und offene Grundstimmung.
Anschließend spielten wir zwei Mal die Szene: „Der besorgte Vater“, bei der Ali seinen Sohn am Telefon inständig bittet, die Schule weiterzumachen. An der anschließenden Diskussion über die Bildungsproblematik beteiligten sich im ersten Durchgang zunächst zwei ältere Deutsche. Der eine (ein Lehrer) berichtete, dass bei der dritten Einwanderergeneration immer häufiger die Kinder ohne Deutschkenntnisse in die Schule kämen. Auf die Nachfrage von Cordula, ob es sein könne, dass die Leistungen von Kindern mit Migrationshintergrund von LehrerInnen schlechter beurteilt würden als vergleichbare Leistungen von deutschen SchülerInnen, mischten sich zwei deutsche Jugendliche ein und erzählten, dass bei ihnen viele ausländische Jugendliche in der Klasse seien und dass sie eher den Eindruck hätten, diese würden bevorzugt. In den zweiten Durchgang der Szene mischte sich ein Deutscher (ein Markthändler) ein, der erzählte, wie schwer es für viele Jugendliche mit Migrationshintergrund sei, in der Schule mitzuhalten, wenn sie zu Hause keine Unterstützung bekommen könnten. Er berichtete von einem Jugendlichen mit arabischem Migrationshintergrund, den er seit einigen Jahren versuchen würde zu unterstützen: „Er hat die Schule geschmissen, aber jetzt habe ich ihn beim OSZ angemeldet, damit er erst mal seinen Hauptschulabschluss macht. Sein Vater ist ganz verzweifelt, aber er kann ihm nicht helfen“.  
Anschließend spielten wir die Szene: „verzweifelte Lehrerin“. Auch diese Szene, bzw. die anschließende Thematisierung des kulturellen Missverständnisses („Kinder sollen Respektspersonen nicht ansehen, wenn sie Mist gebaut haben“) erntete viel Resonanz. Eine deutsche Frau bestätigte dies: „Das ist wie bei Hunden, das ist eine Geste der Unterwerfung“, sagte sie, was aber offensichtlich nicht diskriminierend gemeint war. Es entstand eine Diskussion über die kulturell bedingten unterschiedlichen Auffassungen von Autorität an deutschen Schulen („Sind deutsche Schulen zu lasch?“), in die sich eine Kindergärtnerin einmischte: “Es muss mehr kommuniziert werden“, sagte sie. „Aber dafür müssen die Eltern unbedingt Deutsch lernen“. Sie berichtete anschließend von ihren Versuchen, Partnerschaften zwischen deutschen Eltern und Eltern mit Migrationshintergrund zu stiften. Als wir ausstiegen, sagte die erste Diskussionsteilnehmerin noch, wie toll sie es fände, dass in der U-Bahn solche Begegnungen möglich seien. 

Sechster Einsatz


Den Einstieg machten wir heute wieder mit der Szene: „Jens lernt Türkisch“. Wie jedes Mal, wenn wir die Szene spielten, strahlten die Augen der Mitfahrenden mit türkischem Migrationshintergrund, sobald sie mitbekamen, dass ein Deutscher Türkisch lernt. Ein junger Mann setzte sich sogar extra zu Jens, um ihm bei der Aussprache der Worte zu helfen. „Nur nicht den Mut verlieren“ sagte er beim Aussteigen. Als wir die Szene in einem anderen Wagen wiederholten, bat eine Frau mit Kopftuch ihre Tochter, (die ebenfalls ein Kopftuch trug), Jens zu helfen: „Erkläre ihm das, du kennst dich doch aus mit der Grammatik“ sagte sie auf Türkisch zu ihrer Tochter. Bei dieser Szene merken wir immer wieder, wie sich die Menschen mit Migrationshintergrund öffnen, sobald sie merken, dass man sich für ihre Sprache und Kultur interessiert. Sofort entsteht eine lockere Atmosphäre und eine freundlich-offene Kommunikation.
Sehr gut funktionierte heute auch die Szene: „deutsche Muslima“, bei der Ali in der U-Bahn auf seine frühere Bekannte Cordula trifft und sich über ihr Kopftuch wundert. Wir spielten diese Szene heute weniger konfrontativ, d.h. Ali stellte seine Fragen eher neutral: „Ah, das ist ja ganz ungewohnt, dich mit Kopftuch zu sehen“. Trotzdem reagierte Cordula verletzt und begann, sich zu rechtfertigen: „Wieso denn...denkst du, ich mache das nicht freiwillig oder was?“. Nachdem sie ausgestiegen war, mischten sich viele Fahrgäste in die Diskussion zum Thema Kopftuch und Religion ein. Eine junge Polin sagte: „In Deutschland trauen sich nicht einmal Priester mit ihrem Gewand in die Öffentlichkeit. Die Deutschen haben einfach noch nicht gelernt, unterschiedliche Lebens- und Glaubensformen als normal anzusehen“.
Auf den Einwand von Ali hin, manche würden aber auch zum Kopftuch gezwungen werden, entstand eine Diskussion über Freiwilligkeit: „wenn man in eine starke Tradition hinein geboren wird, übernimmt man manches unhinterfragt, ist das dann freiwillig oder nicht?“ warf eine ältere deutsche Frau ein.
Ein Frau aus Brasilien, die perfekt deutsch sprach, früher in Spanien lebte und jetzt in Rom lebt, erklärte, dass der Islam weniger missionarisch sei als das Christentum und belegte dies mit der Geschichte der Besetzung Spaniens durch die Mauren, welche dort den christlichen Glauben der Bewohner respektiert hätten. Die Brasilianerin freute sich über die angeregte Diskussion in der U-Bahn und meinte, dass so etwas in Rom nicht möglich sei, da dort die Menschen viel oberflächlicher wären.
Schon öfter hatten Fahrgäste sich begeistert darüber geäußert, dass in der U-Bahn solche interessanten Gespräche/Begegnungen stattfänden. Dies bestärkt uns in unserer Entscheidung, die Szenen nach dem Spiel nicht als „bloßes Theater“ zu enttarnen.  

Sonntag, 3. Juni 2012

Die Jagd nach dem Respekt-Gen


Wie entsteht Respekt?
Wir suchen in Haarproben respektvoller Neuköllner nach dem Respekt-Gen!
In unserer Straßenaktion habe wir Neuköllner Passanten gebeten, eine Haarprobe für „wissenschaftliche“ Zwecke zur Verfügung zu stellen. Natürlich anonym. Wir behaupteten, Anzeichen dafür entdeckt zu haben, dass es ein Respekt-Gen gibt. Ein Mann, eindeutig mit Ironie-Gen beschenkt, war auch dafür zu haben.
Dank an den Unbekannten im Namen der Wissenschaft.
Und Dank an Thilo Sarrazin, der uns mit seinen abstrusen Thesen (Intelligenz-Gen) eine Quelle der Inspiration darstellt, allerdings im Namen der Kunst.

Donnerstag, 31. Mai 2012

Die Szenen


1. Szene: Jens lernt Türkisch
Jens steigt in die U-Bahn ein, er hat ein Sprachbuch zum Lernen von Türkisch in der Hand und übt laut türkische Worte. Ali steht in der Nähe und spricht Jens an: „Lernen Sie türkisch?“. Jens erklärt daraufhin, er würde Türkisch lernen, weil in seinem Haus alle türkisch sprechen würden und er sich besser verständigen wolle. Außerdem wolle er gerne einmal in die Türkei reisen.
Sherin mischt sich ein. Sie fragt, ob es nicht wichtiger wäre, dass die Menschen Deutsch lernen würden. Jens erklärt, das sei natürlich auch wichtig, aber man könne ja sozusagen „von beiden Seiten“ aufeinander zugehen.
Cordula mischt sich ein und bringt das Thema: „Deutschkurse als Zwang“ in die Diskussion mit ein (Vor- und Nachteile). Dabei versucht die Darstellerin, die Umsitzenden in die Diskussion einzubinden (falls das zu diesem Zeitpunkt nicht schon von selbst geschehen ist).

2. Szene: Der besorgte Vater
Ali steigt laut und aufgeregt telefonierend ein und setzt sich möglichst zwischen deutsche Fahrgäste. In dem Telefonat geht es um seinen Sohn, der die Schule schmeißen will. Ali fleht ihn an, weiterzumachen und keinen Mist zu bauen. Dann legt er auf und verlässt die U-Bahn. Cordula wendet sich jetzt an die Umsitzenden: „Haben Sie das mitbekommen? Der arme Vater, er macht sich solche Sorgen um seinen Sohn und dessen Zukunft....da sieht man mal, was für einen Unsinn Sarrazin verbreitet, wenn er sagt, Familien mit Migrationshingergrund seien nicht an der Bildung ihrer Kinder interessiert“. In die beginnende Diskussion mischen sich dann die beiden anderen Darsteller ein und bringen Argumente und Hintergründe zum Thema „Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund und Bildung“.

3. Szene: Sherin trifft ihre Lehrerin 
Sherin und ihre ehemalige Lehrerin Frau Zimmermann (Cordula) treffen sich in der U-Bahn und begrüßen sich freudig und lautstark. In dem ebenfalls möglichst laut geführten Gespräch erzählt Sherin, dass ihr Mathestudium super laufen würde, dass sie aber an der Uni wegen ihres Kopftuches vielen Vorurteilen ausgesetzt sei: „Die denken, das ich unterdrückt werde oder eine Attentäterin sei“. Sie spricht über ihre große Sehnsucht, auch mit Kopftuch respektiert zu werden: „Der Mensch hinter dem Kopftuch zählt“. Nachdem Sherin ausgestiegen ist, entfachen die übrigen Darsteller eine Diskussion über die Frage, ob das Kopftuch Unterdrückung bedeute oder nicht, ob es im öffentlichen Raum geduldet werden solle und wenn nein, warum nicht etc.. Dabei beziehen die Darsteller die Umsitzenden aktiv in die Diskussion mit ein: „Was denken Sie darüber?“. Fazit der Szene soll das Argument sein, dass die Kopftuchdebatte unfruchtbar sei und nur weiter polarisieren würde. Wichtiger sei es, den Menschen „hinter dem Kopftuch“ kennenzulernen.

4. Szene: Deutsche Muslima
Cordula fährt mit der U-Bahn. Sie ist eine deutsche Muslima, die ein Kopftuch trägt. Ali steigt ein und begrüßt sie, er ist offenbar ein Bekannter ihres Mannes. Ali wundert sich darüber, dass Cordula ein Kopftuch trägt und fragt sie, ob sie das freiwillig machen würde. Cordula reagiert gekränkt: „Das Kopftuch gehört zu meinem Glauben und natürlich trage ich es freiwillig“. In diese Diskussion mischt Sherin sich ein: „Ich bin nicht der Meinung, dass das Kopftuch zum Glauben gehört“. Nach einer Weile steigt Cordula aus und die übrigen Darsteller beginnen eine Diskussion zum Thema Kopftuch (siehe Szene „das Kopftuch I“).

5. Szene: Kulturelles Missverständnis 
Cordula ist Lehrerin. Sie kommt von der Arbeit und erzählt einer Freundin am Handy aufgebracht von einem kleinen Jungen mit arabischem Migrationshintergrund, mit dem sie immer wieder Probleme habe, weil er sie ignorieren würde: „Ich frage ihn, warum er das gemacht hat und er schaut mich nicht an“. Auch heute gab es wieder ein Problem und sie hat jetzt beschlossen, zu den Eltern des Jungen zu fahren und mit ihnen zu sprechen, auch wenn sie keine Ahnung habe, ob sie sich mit ihnen verständigen kann. Nachdem sie aufgelegt hat, spricht Sherin die Lehrerin an: „Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische, aber ich arbeite auch mit Kindern mit Migrationshintergrund....“ und erklärt, dass es sich hier um ein kulturelles Missverständnis handeln könne: „Viele Kinder lernen bei uns, dass sie eine Respektperson nicht anschauen dürfen, wenn sie mit ihnen schimpft“. Jetzt mischt Ali sich ein: „Das sehe ich anders. Der Junge war einfach respektlos, das liegt daran, dass das deutsche Schulsystem zu weich ist“. Cordula widerspricht: „Wir haben eine andere Auffassung von Autorität“. In dieser Diskussion geht es darum, welche gegenseitigen Schritte notwendig sind, damit die oft auseinander driftenden Erwartungen von Schule/Lehrern auf der einen Seite und Eltern mit Migrationshintergrund auf der anderen Seite angenähert werden können.

6. Szene: Abschiebung
Jens steigt aufgeregt telefonierend ein. Er hat gerade erfahren, dass ein Junge aus seiner Fußballmannschaft abgeschoben werden soll. Er will zum Flughafen fahren und versuchen, die Abschiebung zu verhindern. Nachdem er ausgestiegen ist, spricht Cordula Ali an: “Haben Sie das mitbekommen? Der Junge soll abgeschoben werden, obwohl er in Deutschland aufgewachsen ist“. Ali erklärt, dass die Abschiebung sicher den Grund hätte, dass der Junge schwer straffällig geworden sei. Sherin mischt sich ein mit dem Argument, auch dann wäre Deutschland für den Jungen verantwortlich und nicht die Türkei. Ali: „Wenn er straffällig wird, muss er die Konsequenzen spüren“. Sherin: „Ja, aber in Deutschland. Und mit Strafe allein ist es auch nicht getan. Der Junge braucht Unterstützung“. Cordula beginnt daraufhin eine Diskussion über das Vorurteil, ausländische Jugendliche seien krimineller als deutsche. Die Szene endet mit dem Fazit: Jugendkriminalität ist keine Frage der Herkunft sondern der sozialen Schicht.

7. Szene: Schnittchen
Sherin und Jens sowie Cordula und Ali sind als Pärchen unterwegs (diese Szene funktioniert sowohl, wenn die Paare sich nicht kennen, als auch, wenn sie gemeinsam als Freunde unterwegs sind). Sherin und Jens streiten sich, weil Jens sich weigert, ihr beim Haushalt zu helfen, obwohl Sherin am Abend Gäste hat. Jens: „Ich hab keine Zeit, ich will meine Serie gucken“. Als er seine Statements steigert: „Haushalt ist Frauensache“, mischt Ali sich ein: „Was ist das denn für ein Machogehabe. Ich mach auch den Haushalt“. Cordula unterstützt diese Aussage. „Stimmt. Wir machen alles gemeinsam. Ali kocht auch, wenn wir Gäste haben“. Bei dieser Szene geht es darum, das Vorteil zu widerlegen, „alle“ Männer mit Migrationshintergrund seien Machos, die immer noch der Meinung sind, die Hausarbeit müsse von Frauen gemacht werden.

8. Szene: Zwangsheirat
Sherin und Ali steigen ein. Sherin weint und Ali versucht herauszubekommen, was los ist. Schließlich gesteht sie ihm, dass sie mit einem Mann verheiratet werden solle, den sie nicht wolle und dass sie einen deutschen Freund habe. Diese Szene wird leise gespielt, aber Jens steht so dicht bei den beiden, dass er mithören kann. Ali verspricht Sherin, dass er ihr helfen und mit ihrem Vater reden wolle. Nachdem die beiden ausgestiegen sind, spricht Cordula Jens an: „Haben Sie das mitbekommen? Was war denn mit dem Mädchen“. Daraufhin erzählt Jens, was er gehört habe: „Das Mädchen soll verheiratet werden, aber sie will nicht“. Cordula: „Und der Mann war ihr Vater?“. Jens erklärt daraufhin, dass es sich offenbar gerade nicht um den Vater gehandelt habe, sondern um den Onkel und dass dieser dem Mädchen helfen wolle“. In dem anschließenden Gespräch geht es darum, wie tief häufig auch die Väter in ihre traditionellen Rollen verstrickt sind sowie um die Vorbildrolle des verständnisvollen Onkels.

Bericht aus den Proben


Für das Projekt haben wir SchauspielerInnen mit Migrationshintergrund gecastet. Und so besteht unser Team jetzt aus einer Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund und einen Schauspieler mit türkischem Migrationshintergrund sowie zwei Schauspielern ohne Migrationshintergrund.
Gemeinsam erarbeiteten wir die Szenen, die wir in der U-Bahn spielen würden.
Im ersten Teil unserer Probenphase trugen wir das Material zusammen, das wir aus den Interviews in den verschiedenen Einrichtungen gesammelt hatten. Dabei stellten wir fest, dass die konkreten Geschichten aus den Interviews nicht direkt als Spielszenen verwendbar waren, da sie sich entweder nicht auf die U-Bahn übertragen ließen oder zu konfliktträchtig waren. Was wir jedoch aus den Interviews mitgenommen hatten, waren Erwartungen, Enttäuschungen, Vorurteile oder Wünsche, welche die Menschen bezüglich des Zusammenlebens mit anderen Kulturen haben (siehe Interviews). Diese Statements wurden die Grundlage unserer Szenen, in denen wir die aktuell diskutierten Themen wie Kopftuch, Einwanderung, Bildungserfolge, Kriminalität, Geschlechterverhältnisse behandeln.
Dabei diskutierten wir auch unsere eigenen Erfahrungen, kulturellen Hintergründe und Vorurteile und ließen sie in die Szenen einfließen. In manchen Punkten (z.B. bezüglich der Kopftuchdebatte oder dem „Zwang“ zu Deutschkursen) blieben wir unterschiedlicher Ansicht. Es war also auch innerhalb der Gruppe wichtig, die Position des anderen zu respektieren.
Nachdem wir die Szenen ein paar Mal in der U-Bahn ausprobiert hatten, überarbeiteten wir sie in den Proben erneut. Wir stellten z.B. fest, dass wir nicht unbedingt laut und dramatisch spielen müssen, um das Publikum in der U-Bahn zu erreichen, sondern dass es viel wichtiger ist, zu erkennen, an welchen Orten und zwischen welchen Fahrgästen wir uns platzieren. Auch die innere Dynamik beim Spielen ist entscheidend (Betroffenheit, Engagement). Wenn das Publikum nicht von selbst in die Szene einsteigt, ist es wichtig, die Fahrgäste direkt anzusprechen („was denken Sie darüber“). Manche Szenen mussten mehrmals umgeschrieben werden, weil entweder die Botschaft nicht klar genug war oder die Argumentationen zu umständlich. Die Szenen müssen klar und deutlich sein und zum Einmischen herausfordern ohne zu provozieren. Diese Gratwanderung gilt es zu meistern.
Eine große Rolle in der Probenarbeit spielte auch die inhaltliche Recherche zu den Themen. Wir brachten Infomaterial mit und studierten es gemeinsam (Zeitungsartikel, Statistiken, Umfragen etc. sowie: „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin sowie Veröffentlichungen, die seine Thesen widerlegen).
Ebenfalls sehr wichtig war es, während der Probenarbeit immer wieder das Ziel der jeweiligen Szenen klar herauszuarbeiten: Was wollen wir mit der Szene erreichen und wie schaffen wir es, ein schwieriges Thema so darzustellen, dass es eine neue Sicht ermöglicht und Vorteile abbaut anstatt neue zu schaffen.
Inzwischen haben wir acht gut funktionierende Szenen erarbeitet, die auf unterschiedliche Weise das Thema „Zusammenleben der Kulturen“ behandeln und Vorurteile hinterfragen.

Donnerstag, 24. Mai 2012

Unsichtbar oder sichtbar?



Obwohl nach Augusto Boal das unsichtbare Theater nicht aufgedeckt werden soll, um das Ziel der Realitätsveränderung durch Theater nicht zu gefährden, hatten wir ursprünglich geplant, die Szenen nach dem Spiel aufzudecken, um das Publikum auf das Projekt als Teil des Lokalen Aktionsplanes Neukölln aufmerksam zu machen.
Als wir dann bei unserem ersten Einsatz zum ersten Mal eine Szene nach dem Spiel aufdeckten, reagierten die Mitfahrenden irritiert und ärgerlich und nur zwei waren bereit, den Flyer und unsere Informationen zum LAP anzunehmen. Es schien, dass wir mit dem Aufdecken das Erlebte abgewertet hatten im Sinne von: „ach so, war ja bloß Theater“.
Deshalb beschlossen wir, den LAP gesondert zu bewerben. Zwischen den Auftritten in der U-Bahn machen wir jetzt Interviews mit Passanten, verteilen Flyer und erzählen über unser Projekt und den LAP. Außerdem werden wir am Samstag, 2. Juni auf der Straße eine große Mitmachaktion zum Thema Zusammenleben der Kulturen und Toleranz veranstalten, bei der wir ebenfalls auf den LAP und das Projekt aufmerksam machen werden. Zu dieser Aktion sind alle herzlich eingeladen. 

Hier ein kleiner Ausschnitt aus unseren Fragebogenaktionen von den Straßen Neuköllns. 

1. Frage: Was ist ein Vorurteil?

- Eine Schublade!
- Ein Vorwurf ohne Beweis!
- Weiß ich nicht.

2. Frage: Haben Sie Vorurteile gegenüber Menschen aus anderen Kulturen?
- Ja.
- Ich hoffe nicht.
- Kann man sich nicht aussuchen, man ist ausgestattet mit Vorurteilen von früher.
- Nein.
- Möglicherweise schon, aber ich versuche sie abzustellen.
- Ich bin seit 30 Jahren Busfahrer und habe Kontakt zu vielen Menschen 
  aus vielen Kulturen, da hat man keine Vorurteile mehr

3. Frage: Die Menschen hätten keine Vorurteile mehr, wenn …

… sie zufriedener mit ihrem Leben wären.
… es bessere Aufklärung gegenüber anderen Kulturen geben würde.
... sie mehr Kontakt zu den anderen Kulturen hätten.
... die Menschen miteinander reden würden und es keine Religion und keine Nationalitäten gäbe.
…es ausgeglichene soziale Verhältnisse gäbe.
…es mehr Offenheit und keine Ausgrenzung gäbe.
... sie keine Menschen wären.
... sie neugieriger wären.
...es eine Revolution gäbe.


Freitag, 18. Mai 2012

Der fünfte Einsatz


Heute machten wir die interessante Erfahrung, dass das Publikum umso besser in die Szenen einsteigt, desto positiver die Stimmung ist. In der Szene „Jens lernt türkisch“ half zunächst ein kleiner Junge mit türkischem Migrationshintergrund unserem Schauspieler bei der Aussprache einiger türkischer Wörter. Als Jens einem anderen Fahrgast (Schauspieler) erklärte, dass er türkisch lerne, um sich mit seinen Hausbewohnern besser zu verständigen, war das Eis gebrochen. Es entspann sich eine Diskussion, in die sich nach und nach der ganze Wagen einmischte. Hier ein kleiner Einblick in den Dialog: Ein junger Mann mit Migrationshintergrund: „Das ist toll, dass ein Deutscher türkisch lernt, dann haben wir viel mehr das Gefühl, willkommen zu sein“. „Es sollte überhaupt keinen Unterschied geben zwischen Ländern und jeder sollte jede Sprache lernen“, sagte ein anderer junger Mann mit Migrationshintergrund.
Auf die Frage einer jungen Deutschen: „Aber sollten nicht lieber die Ausländer Deutsch lernen?“ reagierte die Schauspielerin mit Migrationshintergrund, indem sie von ihrer Tante erzählte, die schlechte Erfahrungen mit einem Pflicht-Deutschkurs gemacht hatte, bei dem der Lehrer die Frauen einkaufen geschickte hatte anstatt den Unterricht abzuhalten. „Die Kurse sollten freiwillig sein“, sagte daraufhin eine andere junge Deutsche. „Oder die Kurse sollten so gemacht werden, dass auch ältere Menschen sich angesprochen und respektiert fühlen“, ergänzte die Schauspielerin.
Die anschließend gespielte Szene „besorgter Vater“ funktionierte nicht so gut wie die „lockeren“ Szenen. Nur eine Frau (eine Deutsche) äußerte sich zu der Szene. Sie verstand die Sorgen des türkischen Vaters, wollte sich aber in die Diskussion über Sarrazin und Vorurteile bezüglich der Bildungswilligkeit von Migranten nicht äußern. Daran wurde uns noch einmal klar, dass viele Leute eher bereit sind, sich in eine lockere Diskussion mit positivem Grundton einzubringen als in eine Streitsituation, bzw. eine Diskussion mit schwierigen Themen.
Leicht wiederum gelang uns die Einbindung des Publikums bei der Paarszene („wer macht den Haushalt, der türkische oder der deutsche Freund“). Hier entspann sich eine lebhafte Diskussion unter einer alten deutschen Dame und einem jungen Türken, die beide der Meinung waren, die Hausarbeit ginge jeden etwas an. Die alte Dame: „Mein Mann hat gesaugt und Staub gewischt, das war selbstverständlich“. Der junge Türke: „Ich helfe meiner Mutter auch, wir sind Türken, da ist es normal, dass man in der Familie füreinander da ist“. Auf den Einwand des türkischen Schauspielers hin, dass es ja das Vorurteil gäbe, alle türkischen Männer seien Machos, erklärte der junge Türke, dass ihn dieses Vorurteil ärgern würde, weil es nicht der Realität entspräche: „die Leute sehen nur die Ausländer vom Hermannplatz und denken dann, alle Ausländer sind so. Dabei stimmt das gar nicht.“ „Da haben Sie recht“, bekräftigte sofort die alte Dame.
In einem anderen Wagen äußerte sich eine deutsche Lehrerin zu diesem Thema: „Da gibt es keine kulturellen Unterschiede, das hängt davon ab, wie man gelernt hat, einander zu respektieren und zu unterstützen.“

Donnerstag, 17. Mai 2012

Der vierte Einsatz


Der heutige Einsatz war sehr erfolgreich. Wir konnten fast bei jeder Szene das Publikum aktiv einbinden und erhielten viele interessante Reaktionen.
Nachdem wir die Szenen „Jens lernt türkisch“ und „Schnittchen“ zum Aufwärmen  gespielt hatten, probierten wir heute zwei neue Szenen aus. Zuerst die Szene: “besorgter Vater“. In dieser Szene spielt der Darsteller mit türkischem Migrationshintergrund einen Vater, der per Handy versucht, seinen Sohn davon abzubringen, die Schule aufzugeben. Der Darsteller setzte sich laut und besorgt telefonierend neben zwei ältere deutsche Frauen. Nach dem Gespräch entschuldigte er sich bei ihnen für die Störung durch das Telefonat („Entschuldigung, aber ich mache mir solche Sorgen um meinen Sohn“), dann stieg er aus.
Wir (die als Fahrgäste getarnten Schauspieler) begannen anschließend mit den beiden Damen sowie mit den Umsitzenden eine Diskussion über das Vorurteil, Familien mit Migrationshintergrund seien häufig nicht an der Bildung ihrer Kinder interessiert sowie über Sarrazins Behauptung, Familien mit türkischem Migrationshintergrund könnten seit Beginn der Einwanderung kaum Bildungserfolge nachweisen. Die beiden Damen waren voller Empathie mit dem türkischen Vater und die eine Dame erzählte auch gleich, die Tochter ihrer türkischen Nachbarin hätte ein sehr gutes Abitur gemacht und würde bereits studieren. Diese Beobachtung unterfütterte der deutsche Schauspieler mit Zahlen, die Sarrazins Behauptung widerlegen. Auf den Einwurf einer anderen Dame hin:  „Es gibt aber auch solche und solche“, entspann sich eine längere Diskussion über den Zusammenhang zwischen fehlender Unterstützung und schulischen Misserfolgen, der nichts mit der Herkunft zu tun habe. An dieser Stelle mischte sich ein weiterer Fahrgast (ein junger deutscher Mann) in die Diskussion: „Auch deutsche Jugendliche bringen Sechsen nach Hause“, sagte er.
Auch die nächste Szene: „deutsche Muslima“, spielten wir heute zum ersten Mal. Die deutsche Schauspielerin trägt Kopftuch und trifft in der U-Bahn einen alten Bekannten wieder (Schauspieler mit türkischem Migrationshintergrund). Dieser spricht sie auf das Kopftuch an („seit wann trägst du Kopftuch“) und unterstellt ihr, sie würde dazu von ihrem türkischen Mann gezwungen. Die deutsche Muslima verteidigt ihr Kopftuch und erklärt, sie trage es freiwillig und außerdem könne sie diese ganze Kopftuchdebatte nicht mehr hören. Nachdem sie ausgestiegen war, herrschte im Wagen angespanntes Schweigen. Die Szene war von allen Umsitzenden und Umstehenden genau verfolgt worden, aber keiner wagte es, sich in die Diskussion über das Kopftuchtragen einmischen, die wir anschließend in Gang zu bringen versuchten. Da es uns in dieser Szene eigentlich darum geht, zu zeigen, dass es wichtiger sei, mit dem „Menschen hinter dem Kopftuch“ in Kontakt zu treten, als alte Vorurteile aufzuwärmen, wollen wir die Szene nächstes Mal so spielen, dass der türkische Bekannte keine Kritik an dem Kopftuch äußert. Es soll mehr um das Bedürfnis der deutschen Muslima gehen, jenseits des Kopftuches als Mensch geachtet zu werden.
Ebenfalls zu einer breiten Diskussion unter Fahrgästen führte die Szene mit dem Thema:“ kulturelle Unterschiede“, in der die deutsche Lehrerin sich über mangelnden Respekt bei einem Schüler mit arabischem Migrationshintergrund beklagt, der sie nie anschauen würde. Nachdem die Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund (als Fahrgast) die Lehrerin darauf hingewiesen hatte, dass es sich hierbei um ein kulturelles Missverständnis handeln könne, mischte sich eine Mitfahrerin ein (eine deutsche Frau) und es gab eine längere Diskussion über die Probleme, die manche Kinder mit Migrationshintergrund in deutschen Schulen hätten, sowie über mögliche Ursachen und Lösungsansätze.
An der insgesamt regen Beteiligung der Fahrgäste merkten wir, dass wir immer routinierter werden. Wir hatten heute großen Spaß an dem Einsatz.






Dienstag, 15. Mai 2012

Der dritte Einsatz


Zu den Szenen, die wir heute gespielt haben, gehörte u.a wieder die Szene mit der Mathematikstudentin, die Ihre ehemalige Lehrerin wieder trifft und ihr erzählt, welchen Vorurteilen sie an der Uni aufgrund ihres Kopftuches ausgesetzt sei. Ein junger Fahrgast mischte sich ein. Er war der Meinung, dass das Kopftuch auf jeden Fall in der Uni getragen werden solle. Niemand solle deshalb diskriminiert werden und er äußerte sein Mitgefühl mit der Situation der Studentin.  Eine Gruppe verschleierter junger Frauen mit (arabischem?) Migrationshintergrund hörte der Szene aufmerksam zu. Leider stiegen sie aus, bevor wir sie in die Szene aktiv mit einbeziehen konnten. In dieser Szene geht es uns darum, zu zeigen, dass es viel wichtiger sei, den "Menschen hinter dem Kopftuch" kennenzulernen, als sich mit der Kopftuchdebatte in verschiedene Lager zu spalten. 
In die „Schnittchen-Szene“ (siehe Blogtext zum zweiten Einsatz) brachte sich dieses Mal eine ältere deutsche Frau ein. Sie schlug sich auf die Seite des türkischen Freundes (Schauspieler) und erzählte, dass sie sich ebenfalls die Hausarbeit mit ihrem Mann teilen würde, weil beide berufstätig seien und dass sie nicht verstehen könnte, warum der junge Mann (deutscher Schauspieler) seiner Freundin nicht helfen würde. Die Frage der deutschen Mitreisenden (Schauspielerin), ob sie denke, Männer aus anderen Kulturen würden normalerweise keine Hausarbeiten übernehmen, verneinte sie.  
Eine beklemmende Stimmung erzeugte wieder die „Abschiebungs-Szene“ (siehe zweiter Einsatz). Nachdem der Lehrer (Schauspieler) aufgeregt telefonierend ausgestiegen war, um die Abschiebung des Jugendlichen noch am Flughafen zu verhindern, sprachen wir die Fahrgäste an. Ein älteres deutsches Ehepaar war der Szene sichtlich erregt gefolgt und äußerte sich jetzt dazu: Während die Frau für die Position des Jungen Verständnis zeigte („ein Junge, der in Deutschland aufgewachsen ist, soll nicht abgeschoben werden dürfen“), war der Mann anderer Meinung. Er meinte, es gäbe sicher Gründe für die Abschiebung und er sei nicht der Meinung, dass jugendliche Straftäter auf jeden Fall in Deutschland bleiben sollten. Als die deutsche Schauspielerin (als Fahrgast) dieser Position widersprach, wiegelte er jedoch das Gespräch ab mit dem Argument: „Wir wissen nicht, was wirklich vorgefallen ist“. Daraufhin begannen die beiden Schauspielerinnen (als Fahrgäste "getarnt") eine Diskussion zu dem Thema: Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen brauchen Unterstützung, dann werden sie auch nicht so leicht straffällig. 
Insgesamt war der Einsatz heute schwieriger als am Tag davor und wir waren nicht immer mit der Wirkung der Szenen zufrieden. Es fiel uns auf, dass die Reaktionen auf die Szenen sehr davon abhängen, welches Publikum wir in der U-Bahn antreffen. Wir müssen sehr schnell entscheiden, welche Szene passt und wo wir uns platzieren. Auch muss die Lautstärke variieren: Bei ruhiger Stimmung müssen wir die Dynamik herausnehmen, da die Leute sonst eher genervt reagieren, während wir bei einer vollen und unruhigen Bahn sehr intensiv spielen müssen, um die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.  

Freitag, 11. Mai 2012

Der zweite Einsatz


Der zweite Einsatz war wieder sehr spannend. In mehreren Szenen ist es uns gelungen, die Mitfahrenden in die Diskussionen einzubinden und dabei den Blick auf gängige Vorurteile zu lenken. Besonders anrührend war die Szene, in der die Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund gegen ihren Willen verheiratet werden soll und sich verzweifelt ihrem Onkel anvertraut, der verspricht, ihr zu helfen. „Haben Sie das mitbekommen?“, fragten wir als „Mitreisende“ anschließend in die Runde und ein Mann erzählte ganz bestürzt, was er gesehen und gehört habe. Anschließend begannen wir mit dem Mann eine Diskussion über die Rolle des Onkels, der sich offenbar nicht dem Druck der Familie beugen würde, sondern dem Mädchen helfen wolle. „Wollen wir das Beste hoffen“, sagte der Fahrgast, als er sich von uns verabschiedete.
Die Szene: „Jens lernt Türkisch“ führte wieder zu großer Heiterkeit. Vor allem die Fahrgäste mit Migrationshintergrund freuten sich über den jungen Deutschen, der laut und hilflos türkische Worte übt, bis er vom türkischen Fahrgast (Schauspieler) Hilfe bekommt. Die anschließende Diskussion über die Notwendigkeit des Sprachelernens in einem fremden Land versandete allerdings schnell. Wir müssen deshalb die Szene noch mehr mit Argumenten „füttern“.
Insgesamt ist es uns heute jedoch gelungen, viel mehr Aufmerksamkeit auf uns zu lenken und die Mitfahrenden mehr in die Diskussionen einzubinden.  
Die „Abschiebungs“ - Szene spielten wir heute zum ersten Mal. In dieser Szene telefoniert der deutsche Schauspieler aufgeregt: einer seiner Schauspielschüler soll abgeschoben werden und er will jetzt zum Flughafen fahren und dem Jungen helfen. Nachdem der Schauspieler ausgestiegen war, blickten die Fahrgäste betreten zu Boden. Wir begannen eine Diskussion darüber, ob es richtig sei, den Jungen abzuschieben und ob er nicht in Deutschland bleiben müsse, da dies seine Heimat sei, auch wenn er Mist gebaut habe. Aber die Fahrgäste mischten sich nicht ein. Allerdings war diese U-Bahn sehr unruhig und voll. In einer anderen Zusammensetzung der Fahrgäste hätte auch diese Szene sicher mehr Resonanz gehabt. 
Super lief unsere „Schnittchen“-Szene, in der der deutsche Partner sich weigert, seiner Freundin bei der Hausarbeit zu helfen, weil er seine Serie schauen wolle. In dieser Szene geht es um die Umkehr des Vorurteils, dass Männer mit Migrationshintergrund alle Machos seien, die nie bei der Hausarbeit helfen würden. Als der Streit zwischen dem Paar immer lauter wurde, mischte sich ein fremder Fahrgast ein (ein sportlicher junger Mann mit Migrationshintergrund): „Du kannst doch die Wiederholung gucken“, erklärte er unserem Schauspieler und fügte hinzu, auch er würde zu hause mithelfen, das sei doch selbstverständlich. Viele Fahrgäste lachten, sie äußerten ihre Zustimmung und es entspann sich eine lockere Diskussion über die Männerrolle in unterschiedlichen Kulturen und welche Vorurteile es zu diesem Thema gibt. Der junge Mann stieg später sichtlich erbaut aus der U-Bahn. Unseren ursprünglichen Plan, die Szene am Ende als Theater zu offenbaren, verwarfen wir deshalb. Der Mann wirkte so glücklich und zufrieden mit seiner Intervention, dass wir ihn nicht enttäuschen wollten. 

Dienstag, 8. Mai 2012

Das Team





Natürlich Multikulti ! ! ! 
 
 
 
Besetzung: 
 
Darstellerin mit arabischem Migrationshintergrund: Sherin
Darstellerin ohne Migrationshintergrund: Cordula
Darsteller mit türkischem Migrationshintergrund: Ali
Darsteller ohne Migrationshintergrund: Jens





Der erste Einsatz


Der erste Einsatz war sehr aufregend. Wir stiegen Hermannplatz in die U-Bahn und spielten anschließend auch in der S-Bahn und im Bus. Die Leute reckten ihre Hälse, als in unserer ersten Szene die Schauspielerin mit Kopftuch und Migrationshintergrund erzählte, wie sie darunter leiden würde, dass sie an der Uni aufgrund ihres Kopftuchs von vielen abgelehnt werde. Als sie erwähnte, dass sie Mathematik studieren würde, staunten die umsitzenden Jungs nicht schlecht.
Zu Kommentaren unter jugendlichen Mitfahrern führte die Szene, in der die empörte deutsche Lehrerin von einem arabischen Schüler erzählt, der sie nie anschauen würde, wenn sie ihn wegen eines Fehlverhaltens zur Rede stellen würde. Die Jugendlichen waren sofort auf der Seite des Schülers. Als sich eine „Mitfahrerin“ (die Schauspielerin mit Migrationshintergrund) dann einmischte und erklärte, dass es sich hier um ein kulturelles Missverständnis handeln könne („ein Kind, das Mist gebaut hat, soll die Respektperson nicht anschauen“) hörten viele Fahrgäste aufmerksam zu.
Auch die nächste Szene, in der der Schauspieler, der den türkischen Ehemann spielt, keine Probleme damit hat, zuhause beim Saubermachen zu helfen, während der deutsche Mann dazu keine Lust hat, führte dazu, dass unter den Fahrgästen Blicke und leise Kommentare gewechselt wurden. (Ziel dieser Szene ist es, das Vorurteil zu widerlegen, Männer mit Migrationshintergrund seien "alle" Machos und würden ihre Frauen unterdrücken).
Zu Heiterkeit führte die Szene, in der der deutsche Schauspieler laut im Bus Türkisch lernt und die Mitfahrenden bittet, ihm bei der Aussprache zu helfen.

Obwohl die Szenen gut liefen, wollen wir beim nächsten Mal das Publikum noch mehr miteinbeziehen und zu laut geäußerten Stellungnahmen/Diskussionen herausfordern ("was denken Sie darüber?"). Hierfür werden wir die Szenen „dramatischer“ gestalten und uns bei den anschließenden Diskussionen örtlich weiter im Abteil verteilen.




Montag, 7. Mai 2012

‏السلام عليكم‎ - as-salāmu ʿalaikum, ‚der Frieden auf euch!, Friede sei mit dir/euch!‘


Herzlich willkommen zur arabischen Version unseres Flyers. 
Wir können keine Gewähr für den Inhalt übernehmen. Da wir selbst des Arabischen nicht mächtig sind und verschiedene voneinander abweichende Meinungen über die Übersetzung gehört haben, stellen wir ihn nur unter Vorbehalt hier rein.

Sorry, war nicht richtig.  

Wird bald nachgeliefert!!!

Lost in Translation!


Eigentlich wollten wir unseren Flyer auf Deutsch, Türkisch und Arabisch drucken lassen. Da aber die Übersetzungen zu spät kamen und unsere Grafikerin Schwierigkeiten mit den arabischen Lettern hatte, haben wir uns (zähneknirschend) für „ergänzende Handzettel“ entschieden.


 
Kismet!

Meine beste Freundin ist Türkin


Straßeninterviews mit deutschen Jugendlichen
Da wir keine Einrichtung mit vorwiegend deutschen Jugendlichen fanden, die Interesse an einem Interview gehabt hätte, begaben wir uns auf die Straße und befragten dort junge Deutsche ohne Migrationshintergrund.
Alle, die wir getroffen haben, hatten Freunde oder Bekannte aus anderen Kulturen. Türkische Mitschüler, arabische Sportsfreunde und so weiter. Mit diesen, so der Tenor, gäbe es selten Probleme, da man ja gut bekannt oder sogar befreundet sei.  
Aber es gab auch negative Vorurteile. Es waren Erlebnisse wie „abgezogen“ werden oder Schlägereien, die sich einprägen und die zu Angst, Wut und Vorurteilen führen.
Am besten gefiel uns der Kommentar einer jungen Frau:“ Meine beste Freundin ist Türkin. Wieso soll ich Vorurteile haben?“

Im Paragraphendschungel


Interview bei der Flüchtlingsberatung „Hilfelotse“
Da bei der Ausarbeitung unserer Szenen immer wieder die Frage auftauchte, welche Menschen in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis bekommen und welche nur eine Duldung, wandten wir uns an die Flüchtlingsberatung und baten um ein Interview. Wie sich in dem Gespräch herausstellte, ist das Ausländer- und Asylrecht tatsächlich sehr komplex.
Nach ihrem größten Anliegen befragt, äußerte die Beraterin, sie wünsche sich, dass Jugendliche, die hier aufgewachsen seien, nicht abgeschoben werden dürften.
Abschließend erzählte sie von einem gut integrierten Jugendlichen mit sehr gutem Abitur, der aufgrund seines Duldungsstatus abgeschoben werden sollte. Das sei, so die Beraterin ein falsches Signal für andere junge Migranten in Deutschland, da sie daraus folgern würden: Anstrengung und Integrationsbemühungen lohnen sich nicht.
Zum Glück konnte die Abschiebung aufgrund dieser Argumente abgewendet werden. 

Sonntag, 6. Mai 2012

Der Flyer auf Türkisch!


hoşgörü ve saygı adına
Görünmez Tiyatro

Gerçekleri yorumlayan değil, değiştirecek Tiyatronun zamanı gelmiştir. - Augusto Boal

TheaterZoneNeukölln görünmez Tiyatroyu sahneliyor.

…Yoksa bizimle daha karşılaşmadınızmı? Dikkatli olun. Her an karşılaşabiliriz.İşe giderken veya alışverış yaparken. Hiç beklemediğiniz bir anda bu oyuna dahil olabilirsiniz.Hedefimiz dostluk ve saygı ile önyargıları en azamiye indirmek.Çok kültürlü bir toplumun yaşadığı Neukölln de insanların günlük, gerçek hayatlarından sahneler canlandırıyoruz.

Proje tanıtım tarihi: 7.6.2012 12:00 -17:00 arası Rathaus Neukölln Karl-Marx-Straße 83
Sunum: 13.6.2012 tarihinde saat 19:00 da Familienzentrum Kleiner Fratz GmbH, Haus der Familie, Glasower Straße 54

Dienstag, 10. April 2012

Habt doch keine Angst vor uns


Szenenwechsel ist ein Treffpunkt nur für Frauen und Mädchen. Hier können die Mädchen chillen, Hausaufgaben machen, ihre Freizeit gestalten und Rat bekommen. Jungs dürfen auch rein, aber nur, wenn es gerade ein geschlechterübergreifendes Projekt gibt. Fast alle Besucherinnen haben einen türkischen oder arabischen Migrationshintergrund. Obwohl wir uns erst einen Tag vorher angemeldet hatten, empfingen uns die Mitarbeiterinnen und die jungen Frauen sehr herzlich. Eine Gruppe Mädchen kam gerade von einer Klassenfahrt aus dem Harz zurück. Acht Stunden wandern im Wald, Übernachtung in der Hütte, Lagerfeuer und gemeinsames Liedersingen. Die Mädchen waren begeistert und erschöpft zugleich. Als wir sie nach Erlebnissen fragten („wie fühlt ihr euch in Neukölln“), wussten sie zunächst gar nicht, was wir meinten. „Wieso, ganz normal“, antworteten sie, „wir sind Berlinerinnen“.
Erst auf weitere Nachfragen fielen ihnen ein paar Erlebnisse ein. Zum Beispiel, wie sie im Harz angeguckt wurden, als sie mit einem örtlichen Bus fuhren. „Da waren deutsche Schüler drin und die haben uns ganz komisch angeguckt. Da haben wir gesagt: Ihr braucht doch keine Angst vor uns zu haben.“

Wir haben alle rotes Blut


Der Verein „Daug e.V.“ (deutsch-arabische unabhängige Gemeinde) bietet Hilfen, Beratung und Integrationskurse für Familien, Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Jeden Freitag treffen sich dort vorwiegend arabische Frauen zum Frühstücken. Zu diesem Frühstück wurden wir eingeladen, um unsere Fragen zu stellen.
Die Frauen waren sehr offen. Schnell zeigte sich der große Wunsch, in der deutschen Gesellschaft mehr respektiert zu werden. Viele Frauen schilderten ihre Enttäuschung darüber, dass sie in der Öffentlichkeit mit Vorurteilen abgewertet werden, besonders wenn sie ein Kopftuch tragen („sie lässt sich unterdrücken, ist ungebildet“ etc.). „Dabei“, so fasst es eine junge Frau zusammen, „sind wir doch auch Menschen. Wir haben alle das gleiche Blut“.   
Viele erzählen von dem Wunsch nach mehr Kontakten mit deutschen Frauen. Als wir daraufhin von dem Wunsch der interviewten Mieterin bei „Morus 14 e.V.“ nach mehr Kommunikation auf dem Spielplatz erzählten, sagten viele der Frauen ganz spontan, dies würden sie auch gut finden.  
Es gab aber auch Berichte von gelungener Integration: eine deutsche Nachhilfelehrerin, die inzwischen schon fast zur Familie gehört sowie Nachbarschaftshilfen zwischen den Kulturen: „In unserem Haus wohnen fast nur Deutsche, aber wenn jemand was braucht, klingelt er zuerst bei uns“, erzählte eine arabische Frau.