Dienstag, 15. Mai 2012

Der dritte Einsatz


Zu den Szenen, die wir heute gespielt haben, gehörte u.a wieder die Szene mit der Mathematikstudentin, die Ihre ehemalige Lehrerin wieder trifft und ihr erzählt, welchen Vorurteilen sie an der Uni aufgrund ihres Kopftuches ausgesetzt sei. Ein junger Fahrgast mischte sich ein. Er war der Meinung, dass das Kopftuch auf jeden Fall in der Uni getragen werden solle. Niemand solle deshalb diskriminiert werden und er äußerte sein Mitgefühl mit der Situation der Studentin.  Eine Gruppe verschleierter junger Frauen mit (arabischem?) Migrationshintergrund hörte der Szene aufmerksam zu. Leider stiegen sie aus, bevor wir sie in die Szene aktiv mit einbeziehen konnten. In dieser Szene geht es uns darum, zu zeigen, dass es viel wichtiger sei, den "Menschen hinter dem Kopftuch" kennenzulernen, als sich mit der Kopftuchdebatte in verschiedene Lager zu spalten. 
In die „Schnittchen-Szene“ (siehe Blogtext zum zweiten Einsatz) brachte sich dieses Mal eine ältere deutsche Frau ein. Sie schlug sich auf die Seite des türkischen Freundes (Schauspieler) und erzählte, dass sie sich ebenfalls die Hausarbeit mit ihrem Mann teilen würde, weil beide berufstätig seien und dass sie nicht verstehen könnte, warum der junge Mann (deutscher Schauspieler) seiner Freundin nicht helfen würde. Die Frage der deutschen Mitreisenden (Schauspielerin), ob sie denke, Männer aus anderen Kulturen würden normalerweise keine Hausarbeiten übernehmen, verneinte sie.  
Eine beklemmende Stimmung erzeugte wieder die „Abschiebungs-Szene“ (siehe zweiter Einsatz). Nachdem der Lehrer (Schauspieler) aufgeregt telefonierend ausgestiegen war, um die Abschiebung des Jugendlichen noch am Flughafen zu verhindern, sprachen wir die Fahrgäste an. Ein älteres deutsches Ehepaar war der Szene sichtlich erregt gefolgt und äußerte sich jetzt dazu: Während die Frau für die Position des Jungen Verständnis zeigte („ein Junge, der in Deutschland aufgewachsen ist, soll nicht abgeschoben werden dürfen“), war der Mann anderer Meinung. Er meinte, es gäbe sicher Gründe für die Abschiebung und er sei nicht der Meinung, dass jugendliche Straftäter auf jeden Fall in Deutschland bleiben sollten. Als die deutsche Schauspielerin (als Fahrgast) dieser Position widersprach, wiegelte er jedoch das Gespräch ab mit dem Argument: „Wir wissen nicht, was wirklich vorgefallen ist“. Daraufhin begannen die beiden Schauspielerinnen (als Fahrgäste "getarnt") eine Diskussion zu dem Thema: Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen brauchen Unterstützung, dann werden sie auch nicht so leicht straffällig. 
Insgesamt war der Einsatz heute schwieriger als am Tag davor und wir waren nicht immer mit der Wirkung der Szenen zufrieden. Es fiel uns auf, dass die Reaktionen auf die Szenen sehr davon abhängen, welches Publikum wir in der U-Bahn antreffen. Wir müssen sehr schnell entscheiden, welche Szene passt und wo wir uns platzieren. Auch muss die Lautstärke variieren: Bei ruhiger Stimmung müssen wir die Dynamik herausnehmen, da die Leute sonst eher genervt reagieren, während wir bei einer vollen und unruhigen Bahn sehr intensiv spielen müssen, um die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.  

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