Donnerstag, 31. Mai 2012

Bericht aus den Proben


Für das Projekt haben wir SchauspielerInnen mit Migrationshintergrund gecastet. Und so besteht unser Team jetzt aus einer Schauspielerin mit arabischem Migrationshintergrund und einen Schauspieler mit türkischem Migrationshintergrund sowie zwei Schauspielern ohne Migrationshintergrund.
Gemeinsam erarbeiteten wir die Szenen, die wir in der U-Bahn spielen würden.
Im ersten Teil unserer Probenphase trugen wir das Material zusammen, das wir aus den Interviews in den verschiedenen Einrichtungen gesammelt hatten. Dabei stellten wir fest, dass die konkreten Geschichten aus den Interviews nicht direkt als Spielszenen verwendbar waren, da sie sich entweder nicht auf die U-Bahn übertragen ließen oder zu konfliktträchtig waren. Was wir jedoch aus den Interviews mitgenommen hatten, waren Erwartungen, Enttäuschungen, Vorurteile oder Wünsche, welche die Menschen bezüglich des Zusammenlebens mit anderen Kulturen haben (siehe Interviews). Diese Statements wurden die Grundlage unserer Szenen, in denen wir die aktuell diskutierten Themen wie Kopftuch, Einwanderung, Bildungserfolge, Kriminalität, Geschlechterverhältnisse behandeln.
Dabei diskutierten wir auch unsere eigenen Erfahrungen, kulturellen Hintergründe und Vorurteile und ließen sie in die Szenen einfließen. In manchen Punkten (z.B. bezüglich der Kopftuchdebatte oder dem „Zwang“ zu Deutschkursen) blieben wir unterschiedlicher Ansicht. Es war also auch innerhalb der Gruppe wichtig, die Position des anderen zu respektieren.
Nachdem wir die Szenen ein paar Mal in der U-Bahn ausprobiert hatten, überarbeiteten wir sie in den Proben erneut. Wir stellten z.B. fest, dass wir nicht unbedingt laut und dramatisch spielen müssen, um das Publikum in der U-Bahn zu erreichen, sondern dass es viel wichtiger ist, zu erkennen, an welchen Orten und zwischen welchen Fahrgästen wir uns platzieren. Auch die innere Dynamik beim Spielen ist entscheidend (Betroffenheit, Engagement). Wenn das Publikum nicht von selbst in die Szene einsteigt, ist es wichtig, die Fahrgäste direkt anzusprechen („was denken Sie darüber“). Manche Szenen mussten mehrmals umgeschrieben werden, weil entweder die Botschaft nicht klar genug war oder die Argumentationen zu umständlich. Die Szenen müssen klar und deutlich sein und zum Einmischen herausfordern ohne zu provozieren. Diese Gratwanderung gilt es zu meistern.
Eine große Rolle in der Probenarbeit spielte auch die inhaltliche Recherche zu den Themen. Wir brachten Infomaterial mit und studierten es gemeinsam (Zeitungsartikel, Statistiken, Umfragen etc. sowie: „Deutschland schafft sich ab“ von Thilo Sarrazin sowie Veröffentlichungen, die seine Thesen widerlegen).
Ebenfalls sehr wichtig war es, während der Probenarbeit immer wieder das Ziel der jeweiligen Szenen klar herauszuarbeiten: Was wollen wir mit der Szene erreichen und wie schaffen wir es, ein schwieriges Thema so darzustellen, dass es eine neue Sicht ermöglicht und Vorteile abbaut anstatt neue zu schaffen.
Inzwischen haben wir acht gut funktionierende Szenen erarbeitet, die auf unterschiedliche Weise das Thema „Zusammenleben der Kulturen“ behandeln und Vorurteile hinterfragen.

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