Donnerstag, 31. Mai 2012

Die Szenen


1. Szene: Jens lernt Türkisch
Jens steigt in die U-Bahn ein, er hat ein Sprachbuch zum Lernen von Türkisch in der Hand und übt laut türkische Worte. Ali steht in der Nähe und spricht Jens an: „Lernen Sie türkisch?“. Jens erklärt daraufhin, er würde Türkisch lernen, weil in seinem Haus alle türkisch sprechen würden und er sich besser verständigen wolle. Außerdem wolle er gerne einmal in die Türkei reisen.
Sherin mischt sich ein. Sie fragt, ob es nicht wichtiger wäre, dass die Menschen Deutsch lernen würden. Jens erklärt, das sei natürlich auch wichtig, aber man könne ja sozusagen „von beiden Seiten“ aufeinander zugehen.
Cordula mischt sich ein und bringt das Thema: „Deutschkurse als Zwang“ in die Diskussion mit ein (Vor- und Nachteile). Dabei versucht die Darstellerin, die Umsitzenden in die Diskussion einzubinden (falls das zu diesem Zeitpunkt nicht schon von selbst geschehen ist).

2. Szene: Der besorgte Vater
Ali steigt laut und aufgeregt telefonierend ein und setzt sich möglichst zwischen deutsche Fahrgäste. In dem Telefonat geht es um seinen Sohn, der die Schule schmeißen will. Ali fleht ihn an, weiterzumachen und keinen Mist zu bauen. Dann legt er auf und verlässt die U-Bahn. Cordula wendet sich jetzt an die Umsitzenden: „Haben Sie das mitbekommen? Der arme Vater, er macht sich solche Sorgen um seinen Sohn und dessen Zukunft....da sieht man mal, was für einen Unsinn Sarrazin verbreitet, wenn er sagt, Familien mit Migrationshingergrund seien nicht an der Bildung ihrer Kinder interessiert“. In die beginnende Diskussion mischen sich dann die beiden anderen Darsteller ein und bringen Argumente und Hintergründe zum Thema „Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund und Bildung“.

3. Szene: Sherin trifft ihre Lehrerin 
Sherin und ihre ehemalige Lehrerin Frau Zimmermann (Cordula) treffen sich in der U-Bahn und begrüßen sich freudig und lautstark. In dem ebenfalls möglichst laut geführten Gespräch erzählt Sherin, dass ihr Mathestudium super laufen würde, dass sie aber an der Uni wegen ihres Kopftuches vielen Vorurteilen ausgesetzt sei: „Die denken, das ich unterdrückt werde oder eine Attentäterin sei“. Sie spricht über ihre große Sehnsucht, auch mit Kopftuch respektiert zu werden: „Der Mensch hinter dem Kopftuch zählt“. Nachdem Sherin ausgestiegen ist, entfachen die übrigen Darsteller eine Diskussion über die Frage, ob das Kopftuch Unterdrückung bedeute oder nicht, ob es im öffentlichen Raum geduldet werden solle und wenn nein, warum nicht etc.. Dabei beziehen die Darsteller die Umsitzenden aktiv in die Diskussion mit ein: „Was denken Sie darüber?“. Fazit der Szene soll das Argument sein, dass die Kopftuchdebatte unfruchtbar sei und nur weiter polarisieren würde. Wichtiger sei es, den Menschen „hinter dem Kopftuch“ kennenzulernen.

4. Szene: Deutsche Muslima
Cordula fährt mit der U-Bahn. Sie ist eine deutsche Muslima, die ein Kopftuch trägt. Ali steigt ein und begrüßt sie, er ist offenbar ein Bekannter ihres Mannes. Ali wundert sich darüber, dass Cordula ein Kopftuch trägt und fragt sie, ob sie das freiwillig machen würde. Cordula reagiert gekränkt: „Das Kopftuch gehört zu meinem Glauben und natürlich trage ich es freiwillig“. In diese Diskussion mischt Sherin sich ein: „Ich bin nicht der Meinung, dass das Kopftuch zum Glauben gehört“. Nach einer Weile steigt Cordula aus und die übrigen Darsteller beginnen eine Diskussion zum Thema Kopftuch (siehe Szene „das Kopftuch I“).

5. Szene: Kulturelles Missverständnis 
Cordula ist Lehrerin. Sie kommt von der Arbeit und erzählt einer Freundin am Handy aufgebracht von einem kleinen Jungen mit arabischem Migrationshintergrund, mit dem sie immer wieder Probleme habe, weil er sie ignorieren würde: „Ich frage ihn, warum er das gemacht hat und er schaut mich nicht an“. Auch heute gab es wieder ein Problem und sie hat jetzt beschlossen, zu den Eltern des Jungen zu fahren und mit ihnen zu sprechen, auch wenn sie keine Ahnung habe, ob sie sich mit ihnen verständigen kann. Nachdem sie aufgelegt hat, spricht Sherin die Lehrerin an: „Entschuldigen Sie, dass ich mich einmische, aber ich arbeite auch mit Kindern mit Migrationshintergrund....“ und erklärt, dass es sich hier um ein kulturelles Missverständnis handeln könne: „Viele Kinder lernen bei uns, dass sie eine Respektperson nicht anschauen dürfen, wenn sie mit ihnen schimpft“. Jetzt mischt Ali sich ein: „Das sehe ich anders. Der Junge war einfach respektlos, das liegt daran, dass das deutsche Schulsystem zu weich ist“. Cordula widerspricht: „Wir haben eine andere Auffassung von Autorität“. In dieser Diskussion geht es darum, welche gegenseitigen Schritte notwendig sind, damit die oft auseinander driftenden Erwartungen von Schule/Lehrern auf der einen Seite und Eltern mit Migrationshintergrund auf der anderen Seite angenähert werden können.

6. Szene: Abschiebung
Jens steigt aufgeregt telefonierend ein. Er hat gerade erfahren, dass ein Junge aus seiner Fußballmannschaft abgeschoben werden soll. Er will zum Flughafen fahren und versuchen, die Abschiebung zu verhindern. Nachdem er ausgestiegen ist, spricht Cordula Ali an: “Haben Sie das mitbekommen? Der Junge soll abgeschoben werden, obwohl er in Deutschland aufgewachsen ist“. Ali erklärt, dass die Abschiebung sicher den Grund hätte, dass der Junge schwer straffällig geworden sei. Sherin mischt sich ein mit dem Argument, auch dann wäre Deutschland für den Jungen verantwortlich und nicht die Türkei. Ali: „Wenn er straffällig wird, muss er die Konsequenzen spüren“. Sherin: „Ja, aber in Deutschland. Und mit Strafe allein ist es auch nicht getan. Der Junge braucht Unterstützung“. Cordula beginnt daraufhin eine Diskussion über das Vorurteil, ausländische Jugendliche seien krimineller als deutsche. Die Szene endet mit dem Fazit: Jugendkriminalität ist keine Frage der Herkunft sondern der sozialen Schicht.

7. Szene: Schnittchen
Sherin und Jens sowie Cordula und Ali sind als Pärchen unterwegs (diese Szene funktioniert sowohl, wenn die Paare sich nicht kennen, als auch, wenn sie gemeinsam als Freunde unterwegs sind). Sherin und Jens streiten sich, weil Jens sich weigert, ihr beim Haushalt zu helfen, obwohl Sherin am Abend Gäste hat. Jens: „Ich hab keine Zeit, ich will meine Serie gucken“. Als er seine Statements steigert: „Haushalt ist Frauensache“, mischt Ali sich ein: „Was ist das denn für ein Machogehabe. Ich mach auch den Haushalt“. Cordula unterstützt diese Aussage. „Stimmt. Wir machen alles gemeinsam. Ali kocht auch, wenn wir Gäste haben“. Bei dieser Szene geht es darum, das Vorteil zu widerlegen, „alle“ Männer mit Migrationshintergrund seien Machos, die immer noch der Meinung sind, die Hausarbeit müsse von Frauen gemacht werden.

8. Szene: Zwangsheirat
Sherin und Ali steigen ein. Sherin weint und Ali versucht herauszubekommen, was los ist. Schließlich gesteht sie ihm, dass sie mit einem Mann verheiratet werden solle, den sie nicht wolle und dass sie einen deutschen Freund habe. Diese Szene wird leise gespielt, aber Jens steht so dicht bei den beiden, dass er mithören kann. Ali verspricht Sherin, dass er ihr helfen und mit ihrem Vater reden wolle. Nachdem die beiden ausgestiegen sind, spricht Cordula Jens an: „Haben Sie das mitbekommen? Was war denn mit dem Mädchen“. Daraufhin erzählt Jens, was er gehört habe: „Das Mädchen soll verheiratet werden, aber sie will nicht“. Cordula: „Und der Mann war ihr Vater?“. Jens erklärt daraufhin, dass es sich offenbar gerade nicht um den Vater gehandelt habe, sondern um den Onkel und dass dieser dem Mädchen helfen wolle“. In dem anschließenden Gespräch geht es darum, wie tief häufig auch die Väter in ihre traditionellen Rollen verstrickt sind sowie um die Vorbildrolle des verständnisvollen Onkels.

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